Das Selbsthilfebüro der Paritätischen Sozialdienste in Karlsruhe veröffentlicht für Selbsthilfegruppen und Freunde der Selbsthilfe aus dem Stadt- und Landkreis Karlsruhe folgenden Beitrag zum Thema Versicherungen in der Selbsthilfe:
Kritische Betrachtung von Doppeldiagnose-Behandlung und Cannabislegalisierung: Herausforderungen und Diskussionen
Unsere Gruppe setzt sich seit Jahren intensiv mit der Thematik auseinander, wenn Sucht auf psychische Erkrankung trifft – die sogenannte „Double Trouble“-Problematik.
Besonderheiten der „Double Trouble“-Problematik: Die gleichzeitige Konfrontation mit Sucht und psychischer Erkrankung stellt für betroffene Kinder und ihre Familien eine immense Herausforderung dar. Die Wechselwirkungen zwischen beiden Problematiken erschweren nicht nur die Diagnosestellung, sondern auch die Entwicklung und Umsetzung geeigneter Therapieansätze. Oftmals bedingt die eine Problematik die andere und die Betroffenen befinden sich in einem Teufelskreis aus Suchtverhalten und psychischen Belastungen.
Eingliederungshilfe und Schwierigkeiten beim Zugang: Die Eingliederungshilfe leistet Unterstützung für Menschen mit Behinderungen, um ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dies umfasst finanzielle Hilfen, persönliche Assistenz, Wohnraumanpassungen, therapeutische Maßnahmen und andere unterstützende Leistungen, die individuell auf die Bedürfnisse der betroffenen Personen zugeschnitten sind. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Doppeldiagnose. Allerdings erleben süchtige Menschen erhebliche Schwierigkeiten, Zugang zu diesen Hilfen zu erhalten. Die bürokratischen Hürden, langen Wartezeiten und unklaren Zuständigkeiten erschweren den betroffenen Familien den notwendigen Zugang zu unterstützenden Maßnahmen.
Die Bedeutung der Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB): Um in diesem komplexen System von Hilfsangeboten, Zuständigkeiten und Antragsverfahren den Überblick zu behalten, ist die Unterstützung durch die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) hilfreich. Die Integration der EUTB in bestehende Strukturen sollte weiter gefördert werden, um den betroffenen Familien eine effektive Hilfe zu bieten.
Unmöglichkeit des Zugangs zur Psychotherapie für suchtkranke Menschen: Ein weiteres gravierendes Problem besteht in der nahezu unmöglichen Möglichkeit für suchtkranke Menschen, einen Zugang zur Psychotherapie zu erhalten. Die psychische Erkrankung erfordert eine spezifische und oft langfristige psychotherapeutische Betreuung, die jedoch aufgrund von Barrieren im Gesundheitssystem und mangelndem Verständnis Süchtigen häufig verwehrt bleibt. Gleichzeitig ist eine Suchterkrankung kaum zu bekämpfen, wenn die psychische Erkrankung nicht parallel mitbehandelt wird. Die Wechselwirkungen zwischen beiden Aspekten erfordern eine integrative Herangehensweise, um nachhaltige Erfolge in der Therapie zu erzielen.
Fazit und Ausblick: Unsere Elternselbsthilfegruppe setzt sich nachdrücklich für eine verbesserte Versorgung und Unterstützung von Kindern ein, die sowohl von Sucht als auch von psychischen Erkrankungen betroffen sind. Die Weiterbearbeitung des von Andreas erstellten „Diskussionspapier Doppeldiagnose“ (siehe Jahresbericht EL-dro-ST) soll hier ein Anfang sein, die Problematik über unsere Selbsthilfe hinaus in die Öffentlichkeit zu bringen.
Wir richten unseren Appell an die relevanten Institutionen und Personen, die in diesem Zusammenhang tätig sind – auch an unsere Landesvereinigung –, sich verstärkt für eine ganzheitliche Betrachtung und Behandlung dieser komplexen Problematik einzusetzen. Eine enge Verzahnung von suchttherapeutischen Ansätzen und psychotherapeutischer Begleitung ist unerlässlich, um den betroffenen Kindern eine umfassende und effektive Unterstützung zukommen zu lassen. Wir müssen uns für eine bürokratische Entlastung und den Zugang zu dringend benötigten Hilfen einsetzen.
Cannabis-Freigabe und ihre Auswirkungen auf die Doppeldiagnoseproblematik: Es ist unbestreitbar, dass 80-90 % der Cannabis-Konsumenten keine schwerwiegenden Folgen erfahren und daher eine Entkriminalisierung in vielen Fällen sinnvoll erscheint.
Jedoch müssen wir im Kontext der Doppeldiagnose berücksichtigen, dass insbesondere bei Jugendlichen und jungen Menschen, deren Hirnreife noch nicht vollendet ist, die Gefahr einer Psychose durch den Konsum von Cannabis nach neuesten Erkenntnissen erheblich höher liegt als bisher angenommen, Fachleute schlagen vermehrt Alarm.
Die Hirnentwicklung bei Jugendlichen ist ein sensibler Prozess, und der Einfluss von Cannabis kann nachhaltige Auswirkungen haben. Studien zeigen, dass der regelmäßige Konsum in jungen Jahren mit einem deutlich erhöhten Risiko für psychische Störungen, insbesondere Psychosen, in Verbindung gebracht wird. Eine differenzierte Betrachtung der Legalisierung ist notwendig, um den Schutz unserer jungen Generation zu gewährleisten. Es ist sehr wichtig, dass wir uns weiterhin für Präventionsmaßnahmen, Aufklärung und gezielte Unterstützung für Jugendliche mit Doppeldiagnose einsetzen. Und solange nicht eindeutig geklärt ist, wie junge Menschen vor einem Konsum geschützt werden können, stehen wir einer Freigabe kritisch gegenüber.
Buchempfehlungen
Angehörige sind Erfahrene – Ein Ermutigungsbuch
Fritz Bremer und Hartwig Hansen, Psychiatrie-Verlag.
Ähnlich aufgebaut wie die DD-Broschüre des BVEK berichten hier Betroffene aus ihren Erfahrungen und geben Handlungsimpulse.
Das Buch kann hier legal und kostenfrei runtergeladen werden:
Angehörige sind Erfahrene – Psychiatrie Verlag (psychiatrie-verlag.de)
Psychische Störungen und Suchterkrankungen
Marc Walter und Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Kohlhammer-Verlag, 44,00 €.
Für all diejenigen, die mehr über die Grunderkrankungen erfahren möchten.
Frau Prof. Dr. Gouzoulis-Mayfrank zählt zu den Top-Medizinern im Fachbereich Suchtmedizin und Schizophrenie
Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis
Josef Bäuml, Springer-Verlag, 69,99 €
Erste Grundlagen zu den verschiedenen Formen einer Psychose.
Bettina Konstandin
EL-dro-ST e. V.
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